Der Schuh drückt: Warum schlechte Produktdaten dem Erfolg beim B2B-E‑Commerce schaden
Gute Produktdaten sind die Basis für einen erfolgreichen Digitalvertrieb. Leider gibt es bei vielen Unternehmen immer noch kein Bewusstsein für die Bedeutung qualitativ hochwertiger Daten. Aber was macht gute Produktdaten eigentlich aus? Eine Situationsanalyse.
Produktdaten als Erfolgskriterium im Onlinehandel
Bereits 2018 wurden laut statista im B2B-E-Commerce über 1,3 Billionen Euro umgesetzt, davon knapp 25% auf den Shops und Webseiten der Unternehmen, der Rest auf den bekannten Online-Handelsportalen. Es liegen zwar für 2020 noch keine offiziellen Zahlen vor, aber wir können uns leicht ausmalen, wie sich die Tendenz dieser an sich schon beeindruckenden Zahl im Corona-Jahr entwickelt hat. Eines ist damit klar: Der B2B-E-Commerce ist deutlich umsatzstärker als der Endkundenvertrieb, der 2018 einen Gesamtumsatz von gerade mal 53,4 Milliarden Euro erzielte. Umso mehr erstaunt mich die Tatsache, dass heutzutage immer noch einige B2B-Unternehmen der Meinung sind, digitaler Handel wäre für sie nicht von Bedeutung.
Aber was sind eigentlich die entscheidenden Faktoren, die aus einem digitalen Vertriebsansatz ein wirklich erfolgreiches B2B-E-Commerce-Geschäft machen? Die meisten Unternehmer wünschen sich, dass sie die digitale Interaktion, die sie aus dem Privathandel kennen, auch im B2B-Umfeld wiederfinden. Das betrifft die Usability des Shops und die Auffindbarkeit der Produkte. Ein Aspekt kommt dabei jedoch gerne zu kurz, der aus meiner Sicht zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren zählt und von dem alles abhängt: die Qualität der Produktdaten.
Produktdaten sind nicht nur für den eigenen Shop von zentraler Bedeutung, sondern genauso für die digitalen Vertriebspartner. Dazu gehören Plattformen wie Mercateo oder Amazon Business sowie die Beschaffungssysteme (E-Procurement) der einkaufenden Unternehmen.
Die Bedeutung des Produktdatenmanagements
Damit rückt die Disziplin des Produktdatenmanagements ins Blickfeld. Für den Erfolg im Abverkauf müssen Produktdaten drei Charakteristika vorweisen: Aktuell, informativ und aktivierend. Schlecht gepflegte Produktdaten wiederum verhindern Verkäufe und stärken die Konkurrenz. Fehler entstehen häufig dadurch, dass Lieferanten schlechte oder qualitativ sehr unterschiedliche Produktdaten anliefern. Das sorgt für Doubletten oder eine schlechte Auffindbarkeit der Produkte. Shit in, shit out – wie wir dazu etwas leger sagen.
Um es noch einmal zu verdeutlichen: Der unzureichende Umgang mit den Produktdaten führt nicht nur im eigenen Shop, sondern in der gesamten Vertriebskette der Partner zu Problemen und mindert die Verkaufserfolge. Dadurch funktioniert weder die Suche nach den Produkten richtig noch die Darstellung und Filterung von Produktlisten oder das automatisierte Cross-Selling. Der Kunde findet sich am Ende nicht zurecht und wird in seiner Kaufentscheidung unzureichend unterstützt. Das führt nicht nur zu weniger Abverkäufen, sondern auch zu enttäuschten Kunden und hohen Rücksendequoten, wenn beispielsweise eine Produktbeschreibung die falsche Erwartungshaltung beim Kunden auslöst.
Blasen an den Fingern
Ein Beispiel aus der Praxis. Im D2C-Umfeld zählen Schuhe zu den beliebtesten Artikeln, die in Fashion Online-Stores gekauft werden. In zahlreichen Shops lässt sich jedoch das Problem beobachten, dass die Größenangaben der Schuhe nicht einheitlich dargestellt werden. 42, 44, 11, 10.5 – verschiedene Maßeinheiten finden sich im selben Store. Die Konsequenz: Der Kunde kommt ins Straucheln, weil er sich nicht mehr zurechtfindet und klickt sich Blasen an den Fingern. Zusätzlich bestellt er womöglich auch noch die falsche Größe oder gleich mehrere Paare gleichzeitig. Das dadurch resultierende Paket-Pinpong ist vor allem eines: sinnlos und unökonomisch! Auf die astronomisch hohe Rücksendequote, die so ziemlich jede betriebswirtschaftliche Kalkulation verhagelt, will ich gar nicht näher eingehen.
Wie funktioniert also gutes Produktdatenmanagment?
Genug gemeckert. Es stellt sich ja die Frage, wie es besser funktionieren kann. Im ersten Schritt ist es wichtig, sich ein klares Bild von der eigenen Situation zu verschaffen. Im Rahmen einer Ist-Analyse gilt es, die bestehenden Prozesse der Produktdatenpflege von der Entstehung bis hin zu den verschiedenen Ausgabekanälen genau zu analysieren. Wenn ein Bild vom Status Quo vorliegt, geht es im Folgenden darum, die künftige Produktdatenqualität sauber zu planen und zu sichern. Dazu empfehle ich ein zweistufiges Verfahren.
In der ersten Phase gilt es, die Informationsarchitektur der Produktdaten zu klären. In diesem Kontext stellen sich Fragen wie: Wer braucht welche Informationen? Auf welchen Kanälen werden die Informationen zur Verfügung gestellt? Wie detailliert müssen meine Produktdaten sein? Bei der Klärung dieser Fragen entsteht die Datenstruktur, die künftig die Grundlage des Datenmanagements bildet.
Im zweiten Schritt geht es dann um das eigentliche Produktdatenmanagement. Das Sammeln, Veredeln und Ausspielen der Produktdaten steht dabei im Fokus. Es gilt, die Prozesse zu definieren und die Pflege der Daten zu organisieren. Und das idealerweise für jeden Kanal individuell.
System und Spezialistentum: zwei wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Produktdatenstrategie
Für ein gut strukturiertes Produktdatenmanagment ist ein zentrales Pflegesystem entscheidend. Im PIM (Product Information Management) werden alle relevanten Daten medienneutral abgelegt und eben an einer zentralen Stelle für alle Ausgabekanäle gepflegt. Doch mit einem einheitlichen Datensystem alleine ist es natürlich noch nicht getan. Ein weiterer wichtiger Baustein für euren E-Commerce-Erfolg ist die Vergabe einer klaren Ownership für das Thema Produktdatenqualität – idealerweise also ein Spezialist für Produktdaten im eigenen Unternehmen. Der Bedeutung dieser Expertise entsprechend sollte diese Verantwortung auch nicht in eine Abteilung (z.B. Marketing, E-Commerce) delegiert werden, sondern als eigenständige Fachabteilung verankert sein und so jedem Datenkonsument als eine Art Dienstleister zuarbeiten.
Die Zukunft der Produktdaten
Künstliche Intelligenz – die sogenannte KI oder AI – und Methoden des Machine Learning erlauben heute schon das automatisierte Verfassen verschiedenster Textsorten. Dazu zählen einfache Nachrichtentexte wie der Wetterbericht und regionale Fußballergebnisse ebenso wie die Erstellung von Produktbeschreibungen. Idealerweise extrahieren Algorithmen in der Zukunft die nötigen Informationen für Produktdaten für jeden Kanal und optimieren diese täglich. Das Feedback der Kunden sowie die Verkaufszahlen bilden hierzu die Grundlage
Für die meisten Unternehmen ist das aber wohl noch reine Science Fiction. Ich würde mich schon freuen, wenn auch beim B2B-E-Commerce angesichts der gewaltigen Bedeutung des digitalen Vertriebs der Schuh bei der Qualität der Produktdaten nicht mehr ganz so drückt.
Fazit: Gute Produktdaten sind die Basis deines E‑Commerce-Erfolgs
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Qualität der Produktdaten sind einer der wichtigsten Faktoren für deinen geschäftlichen Erfolg auf den digitalen Handelsplätzen. Die wichtigsten Vorteile guter Produktdaten auf einen Blick:
- Die verbesserte Customer Experience steigert die Kundenzufriedenheit und führt zu nachweislich mehr Kaufabschlüssen.
- Hochwertige Produktdaten unterstützen beim Finden der richtigen Produkte und verringern die Rücksendequote deutlich.
- Klare Strukturen bei den Daten führen zu einer klaren Effizienzsteigerung im Dialog der beteiligten Systeme und sparen so bares Geld.
- Schließlich führen wertige Produktbeschreibungen auch zu einer besseren Sichtbarkeit bei Suchmaschinen.
Die nachhaltige Pflege und Optimierung der Produktdaten sind ein langfristiger Prozess. Ein zu einhundert Prozent sauberer Produktdatensatz ist natürlich das Ziel der Bemühungen, wird aber letztlich nie voll erfüllbar sein. Doch wer diesen Prozess strukturiert angeht, arbeitet täglich am weiteren Erfolg des digitalen B2B-Geschäfts des Unternehmens mit. Ein Prozess also, der sich lohnt.