Definition: Was bedeutet D2C überhaupt?
Der Begriff Direct-to-Consumer beschreibt den direkten Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen durch den Hersteller an den Endkunden. Anders als im herkömmlichen Vertriebsmodell von B2B oder B2C sind also keine weiteren Unternehmen mehr involviert. Vor dem zunehmenden Erfolg des E-Commerce sah der klassische Vertriebsweg so aus: Der Hersteller verkauft seine Produkte an einen Händler mit der nötigen Logistik-Infrastruktur, der sie letztendlich an die Verbraucher verkauft. Im D2C-Modell gibt es meist keine Zwischenhändler wie Amazon, Otto oder Zalando, der Hersteller verkauft seine Waren direkt an die Endkonsumenten. Diese Idee ist nicht neu, findet aber immer mehr Anklang.Don´t believe the (D2C) hype?
Seit mehreren Jahren prophezeien Marktforscher und Handelsexperten, dass D2C in Zukunft den B2B2C-Handel verdrängen wird. Komplett aussterben werden die Händler so schnell aber nicht. Es wird immer Unternehmen geben, die den reinen D2C-Weg nicht gehen können oder wollen und ihre Produkte über Großhändler wie Amazon, Otto und Zalando vertreiben. Auch 2021 dominierten sie noch den Online-Markt. In den vergangenen Monaten nahm der Anteil an D2C-Marken deutlich zu. Die nachfolgenden Vorteile des Direkthandels existieren schon länger, zwei Gründe sorgen aktuell für den Hype: E-Commerce Boom: Die Corona-Pandemie veränderte nicht nur unser aller Zusammenleben, sondern auch das Kaufverhalten. Das zeigt eine gemeinsame Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und der Marktforschungsfirma Potloc: 42 Prozent der Befragten gaben an, häufiger als früher online eingekauft zu haben. Der E-Commerce wird immer wichtiger und viele Nachzügler digitalisieren ihren Vertrieb. Anders als noch vor zehn Jahren ist der Einstieg in den Onlinehandel dank diverser (Open-Source-)Tools und Dienstleistungen heute einfacher. Allein auf der Shopify-Plattform stieg die Anzahl der Shops im Vergleich zum Vorjahr um 72 Prozent. D2C-Nachfrage steigt: Menschen kaufen nicht nur vermehrt online, sondern auch bewusster. Laut des Consumer Barometers 2021 vom Marktforschungsinstitut IFH Köln und des Beratungsunternehmens KPMG wollen 26 Prozent der Befragten die Hersteller bewusst unterstützen. Ohnehin sehen 42 Prozent der Käufer im D2C einige Vorteile gegenüber klassischen Vertriebswegen: Vor allem die Sicherheit vor Produktfälschungen und die bessere Beratungs- und Servicequalität nannten die Befragten. Vor allem die gestiegenen Erwartungen an das Kundenerlebnis können D2C-Brands durch den direkten Kundenzugang besser erfüllen. Hier wird der Ansatz zum echten Wettbewerbsvorteil, weshalb sich viele Hersteller dazu entscheiden, den Vertrieb selbst in die Hand zu nehmen. Allerdings gilt es einige Hürden zu überwinden und Risiken abzuwägen.Direct-to-Consumer: Herausforderungen für Unternehmen
Der dreistufige Vertrieb – Hersteller, Großhandel und Einzelhandel – hat lange Zeit gut funktioniert und der Handel war ein wichtiger Umsatzbringer für Hersteller. Allerdings war der Handel oft kein Treiber von Innovationen. Mit dem Aufkommen des D2C-Modells müssen Hersteller den Spagat schaffen, den Handel nicht zu verprellen, und gleichzeitig auch direkt an die Endkunden zu verkaufen und dabei innovative Wege zu gehen. Die Umstrukturierung des eigenen Vertriebs von B2B2C hin zu D2C erfordert einen großen Kraftakt und mutige Investitionen. Alle Dienstleistungen, die bisher der Zwischenhandel übernommen hat, muss eine D2C-Marke künftig selbst stemmen.- Der gesamte Kaufprozess: Vom eigenen Online-Shop über die Logistik bis hin zu verstärktem Kundenservice und Retouren müssen D2C-Brands nahezu alles selbst bewerkstelligen. Trotz eines Fokus auf hochwertige, nachhaltige Produkte und einer besseren Customer-Journey ist Schnelligkeit im Vertrieb noch immer ein wichtiger Erfolgsfaktor. Lieferungen müssen nicht zwingend am Folgetag erfolgen, sollten aber nicht zu lange auf sich warten lassen. Nicht nur zusätzliche menschliche, sondern auch finanzielle Ressourcen sind gefordert.
- Eine angepasste Marketing-Strategie: Den Umsatz, den Unternehmen sonst durch das Mitschwimmen in Zwischenhändler-Shops generieren, müssen D2C-Brands ohne Hilfe erwirtschaften. Kundenakquise und -bindung sind die Zauberwörter. Für eine höhere Identifikation mit einer Marke sind gutes Storytelling und digitale Touchpoints unabdingbar.Social Media spielt dabei eine immer größere Rolle. Laut der Bitkom Research nutzen 75 Prozent der Verbraucher im Zuge der Pandemie vermehrt soziale Medien. Direkter Kundenkontakt über Social Media kommt gut an. D2C-Brands können hier punkten, weil sie unmittelbar auf Kundenwünsche reagieren können. Digitaler Austausch funktioniert auch über Content-Formate wie Blogs oder Video-Tutorials.
- Kundenservice: Marketing ist keine Einbahnstraße, in der Sie nur senden. Der Fokus liegt auf der Interaktion mit Ihren Kunden. Gutes Customer-Relationship-Management (CRM) erhöht die Kundenzufriedenheit und steigert die Chance auf nachhaltige Kundenbeziehungen.
- Monitoring: Die größte Stärke im D2C-Modell ist der klare Fokus auf die Kunden. Neben dem stetigen Austausch mit dem Endkunden sind greifbare Insights wichtig, um die Customer-Journey wirklich zu verstehen und die (dynamischen) Kundenbedürfnisse immer wieder erfüllen zu können. Dafür sind Analysetools und ein profunder Umgang mit Kundendaten nötig. Wie viele der aufgeführten Herausforderungen bedeutet das einen Mehraufwand, ist gleichzeitig aber auch eine Chance für D2C-Brands.
- Logistik: Eine Herausforderung besteht dabei insbesondere in der Logistik, da D2C-Verkäufe oft kleinere Stückzahlen und eine höhere Varianz aufweisen können. Dies erschwert eine effiziente und kosteneffektive Logistik.Künftig gilt es, sich selbst um die Lagerung, Verpackung, Versand und Retouren der eigenen Produkte zu kümmern. Dabei spielt eine optimale Lagerorganisation sowie eine schnelle und zuverlässige Versandabwicklung eine wichtige Rolle, um eine hohe Kundenzufriedenheit zu gewährleisten. Eine mögliche Lösung ist die Zusammenarbeit mit erfahrenen Logistikdienstleistern, um eine reibungslose Abwicklung sicherzustellen.
D2C-Einstieg: Darum lohnt sich der Direktverkauf
Gut vorbereitet lohnt sich ein Einstieg ins D2C-Geschäft allemal und bietet Unternehmen viele Wachstumschancen. Ein wesentlicher Vorteil des Direct-to-Customer-Modells ist der direkte Kundenzugang. Wer das bekannteste unternehmerische Mantra ändert, könnte sagen: Der mit dem Kundenzugang ist König. Wesentliches Ziel des D2C-Ansatzes ist also die Sicherung der Kundenzugangs, der nachfolgende Aspekte mit sich bringt:
- Stärkere Kundenbindung: Sie ist das größte Pfund für D2C-Brands im Vergleich zu Großhändlern. Besserer Service, umfassendere Beratung, exklusive Angebote und Gutscheine oder personalisierte Produkte: All das sind laut einer Studie der KPMG Gründe für Kunden, direkt beim Hersteller einzukaufen. Je besser die User Experience, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Käufer wieder zum Shop zurückkehren.
- Kundendaten: Die Analyse aller Vertriebskanäle ermöglicht ein breiteres Wissen über die eigene Zielgruppe. Nicht nur demografische Daten wie Alter oder Geschlecht können Unternehmen weiterhelfen. Vor allem das Nutzerverhalten (Absprungrate, Verweildauer, Conversion, etc.) im eigenen Online-Shop ist hilfreich, um die Customer-Journey gewinnbringend anzupassen. Unternehmen können so feststellen, wie die Kunden in ihren Shop gelangen (über Suchmaschinen, Social Media) und ggf. ihre Strategie anpassen.
- Produktverbesserung: Die vorangegangenen zwei Punkte zahlen nicht nur auf die User Experience ein, sondern auch auf die Produktqualität: Kundenfeedback, Nutzungshinweise oder Bewertungen helfen, die Produkte kundenorientiert zu evaluieren, zu verändern und zu optimieren.
Neben dem direkten Kundenzugang bietet D2C aber noch weitere Vorteile:
- Kontrolle und Unabhängigkeit: Marken- und Produktpositionierung, Imagepflege und Preisgestaltung liegen in der eigenen Hand und werden nicht durch Dritte beeinflusst. Durch das Konkurrieren auf den gleichen Zwischenhändler-Plattformen ist Preisdumping ein ernstzunehmender Nachteil des B2B2C-Modells. Häufig wird selbst der Zwischenhändler zum Konkurrenten, indem er gute Produkte nachahmt, preiswerter produziert und das “Original” perspektivisch verdrängt. Langfristig scheint das D2C-Geschäft ein geradezu zwingender Schritt zur nachhaltigen Sicherung des Unternehmens zu sein.
- Vertriebsprozesse sind flexibler: D2C-Firmen können schneller auf Trends wie Mass Customization reagieren, ohne auf Updates der Großhändler zu warten. Kundenwünsche können schneller berücksichtigt und umgesetzt werden. Der Speed to Market ist im D2C-Modell unschlagbar.
Aus all diesen Punkten ergibt sich automatisch die Chance auf ein schnelles Umsatzwachstum. Dazu ist noch ein einfacher logischer Grund zu nennen: Die Gewinnmargen sind durch den Wegfall von Zwischenhändlern größer. Hersteller können ihre Produkte dadurch zu günstigeren Preisen verkaufen und haben ein weiteres Verkaufsargument.
Risiken des D2C-Ansatzes: Was Hersteller beachten sollten
Der D2C-Ansatz birgt auch einige Risiken für Hersteller. Der größte Risikofaktor ist der hohe finanzielle und logistische Aufwand, der mit dem Direktvertrieb verbunden ist. So sind neben höheren Ausgaben für Marketingmaßnahmen vor allem Investitionen in die technische Infrastruktur und die Logistik notwendig, um eine schnelle und zuverlässige Lieferung der Produkte sicherzustellen. Besonders für kleinere Unternehmen kann der Aufwand sehr hoch sein, da häufig das Know-how und die Ressourcen fehlen.
Ein weiteres Risiko besteht in möglichen Konflikten mit etablierten Handelspartnern, die traditionell den Großteil des Umsatzes für einen Hersteller ausmachen können. Durch den D2C-Vertrieb kann es zu Konkurrenzsituationen kommen, die das Verhältnis zu diesen Partnern belasten können. Um diesen Konflikt zu vermeiden, ist es wichtig, eine klare Strategie und Kommunikation zu haben, um den Nutzen für alle Beteiligten darzulegen.
Trotz der genannten Risiken kann der D2C-Ansatz für Unternehmen eine lohnende Strategie sein. Der direkte Kontakt mit dem Kunden ermöglicht eine bessere Kenntnis über seine Bedürfnisse und Präferenzen. Dadurch können Produkte und Services besser auf die Zielgruppe zugeschnitten werden, was zu einer höheren Kundenzufriedenheit führt. Zudem können Unternehmen ihre Marke besser positionieren und die Kundenbindung erhöhen, was sich langfristig positiv auf die Umsätze auswirken kann. Für kleine Unternehmen erleichtern heute eine Vielzahl von Tools (z.B. Shopify) und Plattformen den Einstieg und erleichtern den Aufbau und Betrieb eines eigenen Online-Shops.
Welche Rolle spielt Social Commerce im D2C-Modell?
Direct Brands finden laut Roland Berger vor allem bei Millennials und jüngeren Menschen Anklang. Das Bewusstsein für Qualität statt Quantität wächst in dieser Generation. Die Zielgruppe der D2C-Unternehmen sind zudem Heavy Social Media User. Laut einer Studie des ECC Köln, einer Tochter des Instituts für Handelsforschung in Köln, nutzen 98 Prozent der unter 30-Jährigen soziale Medien. Durch Social Commerce lässt sich dieser Vertriebskanal zusätzlich monetarisieren. Laut einer ECC-Studie sind 91 Prozent der U30-User über soziale Medien auf ein Produkt aufmerksam geworden. 68 Prozent der Befragten haben mindestens ein Produkt sogar über Social Media gekauft. Social Commerce ist aufgrund der direkten Kundenansprache integraler Bestandteil einer D2C-Strategie.
Die ersten Schritte zum erfolgreichen Einstieg in den D2C-Vertrieb
Wenn Sie als Hersteller den D2C-Ansatz verfolgen möchten, sollten Sie folgende Schritte beachten:
- Zielgruppenanalyse: Verschaffen Sie sich im ersten Schritt einen Überblick über Ihre Zielgruppe. Wer sind Ihre Kunden und wie können Sie deren Bedürfnisse am besten erfüllen? Idealerweise ist ihre Zielgruppe vor der Umsetzung des D2C-Ansatzes bereits klar definiert.
- Aufbau einer digitalen Vertriebsplattform: Im nächsten Schritt gilt es, einen eigene Vertriebsplattform aufzubauen oder eine bereits bestehende Plattform auszubauen. Für einen erfolgreichen D2C-Ansatz ist es wichtig, dass Sie eine optimale User Experience bieten. Dies beinhaltet eine ansprechende Präsentation Ihrer Produkte, eine klare Kommunikation Ihrer Markenwerte und ein reibungsloses Einkaufserlebnis. Um dies zu gewährleisten, sollten Sie sicherstellen, dass Ihre technische Infrastruktur und die Vertriebsplattform einwandfrei funktionieren und Ihre Benutzerführung intuitiv und übersichtlich gestaltet ist.
- Produktentwicklung: Auch wenn die Marke bereits Produkte im Angebot hat, kann es notwendig sein, diese für den D2C-Kanal anzupassen. Wichtig ist, Produkte zu entwickeln, die speziell für den Online-Verkauf und die direkte Kundenansprache optimiert sind. Dabei müssen nicht nur die Eigenschaften und das Design der Produkte angepasst werden, sondern auch deren Verpackung und Versand. Ziel ist es, dem Kunden ein einzigartiges Einkaufserlebnis zu bieten und die Marke von anderen Anbietern abzuheben. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Zielgruppe kann die Marke wertvolles Feedback erhalten und ihre Produkte kontinuierlich verbessern.
- Produktvermarktung: Um das Produkt erfolgreich zu vermarkten, führen Sie gezielte Marketing- und Werbemaßnahmen auf verschiedenen Kanälen durch. Nutzen Sie Social Media, Influencer-Marketing, E-Mail-Marketing und Suchmaschinenmarketing. Es ist wichtig, Ihre Zielgruppe genau zu kennen und die Kommunikation auf ihre Bedürfnisse und Interessen abzustimmen. Durch eine gezielte Produktvermarktung kann das Interesse der Zielgruppe geweckt und der Erfolg des D2C-Ansatzes gesteigert werden.
- Logistische Prozesse und Kundenservice: Auch die logistischen Prozesse müssen im Vorfeld geklärt werden. Stellen Sie sichern, dass Sie die Produkte schnell und zuverlässig an Ihre Kunden liefern können. Eine schnelle und unkomplizierte Abwicklung von Rücksendungen und Reklamationen ist ebenfalls wichtig.
- Kundenbindung: Um langfristig erfolgreich zu sein, ist es wichtig, eine starke Kundenbindung aufzubauen. Hierfür sollten Sie ein kundenorientiertes Marketing betreiben und auf die Bedürfnisse Ihrer Kunden eingehen.
Wenn Sie bei der Umsetzung dieser Schritte Hilfe oder Sparring benötigen, melden Sie sich gern bei uns. Gern beraten wir Sie und unterstützen Sie bei der Planung und Umsetzung Ihrer D2C-Strategie.
Fazit
Ein D2C-Business aufzubauen oder ein bestehendes Vertriebsmodell zu transformieren, ist trotz all der Vorteile und der großen Nachfrage nach Direktkäufen kein Selbstläufer. Das Auf-Sich-Allein-Gestellt-Sein bietet zwar Vorteile wie eine bessere Kontrolle über das Kundenerlebnis, höhere Margen und wertvolle Kundendaten, aber es gibt auch Herausforderungen wie die Logistik und den Kundenservice. Es bedarf des Aufbaus von Know-how und notwendigen Strukturen. Ein durchdachtes D2C-Konzept kann mit dem richtigen Maß an Ehrgeiz und Engagement ein voller Erfolg sein.
Wir haben bereits zahlreiche Unternehmen auf dem Weg zum erfolgreichen D2C-Vertrieb begleitet und helfen Ihnen bei der Umsetzung Ihrer Strategie.
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