Das Suchergebnis durch die Konfiguration der internen Produktsuche beeinflussen
Ob ein Kunde die Suchqualität im Shop als gut empfindet, hängt nicht nur vom Gesamtergebnis der gefundenen Produkte ab. Wie bei Google ist vor allem die Reihenfolge der Treffer entscheidend. Während der Kunde mit der Sortierfunktion auf der Suchergebnisseite die Anzeigereihenfolge der Produkte selbst beeinflussen kann (Sortierung nach Neuheit, Bestseller etc.), bestimmt das Ranking die Reihenfolge der Suchergebnisse nach Kriterien, auf die der Kunde keine direkte Einflussmöglichkeit hat. Stattdessen greift hier die Konfiguration der Suche.
Ranking
Jede Suchlösung ermöglicht es, verschiedene Datenfelder unterschiedlich zu gewichten. Die Gewichtung ergibt dann das Ranking – zusammen mit anderen Mechanismen wie der Häufigkeit und Position eines Begriffes innerhalb des Datenfeldes oder Verkaufszahlen und Klicks. Das Ranking der Suchergebnisseite ist die wichtigste Stellschraube innerhalb des Produktes „Suche“. Die Position eines Artikels auf der Suchergebnisseite ist entscheidend, da die Klicks von Zeile zu Zeile sehr stark zurückgehen und nur ein Bruchteil der Besucher auf Suchergebnisseiten blättert bzw. tiefer in die Suchergebnismenge einsteigt.
Wie hoch man ein Datenfeld gewichtet hängt stark von der Datenqualität ab. Hat man eine gute Kategoriestruktur, sollte diese beispielsweise deutlich höher gewichtet werden als ein Feld mit unstrukturierten Produktattributen oder die Produktbeschreibung. Grundsätzlich kann man sagen:
Kategorie > Produktname > strukturierte Attribute (beispielsweise normalisierte Farben, Größen oder sonstige Eigenschaften) > unstrukturierte Attribute (oft als searchable Attributes bezeichnet wie etwa „wasserfest bis 30 Meter“) > Produktbeschreibung (unstrukturiert und oft irreführend wie „passt gut zu Bluse“ etc.)
Jede Suche gibt initial einen Relevanzwert zu jedem einzelnen Produkt des Suchergebnisses zurück. Bei Solr ist das zum Beispiel der Relevanz-Score, bei Fredhopper die Match-Rate und FACT-Finder arbeitet mit einem Ähnlichkeitswert. Grundsätzlich gibt es einige Gemeinsamkeiten, aber auch starke Unterschiede was die Faktoren betrifft, die in die Relevanz einfließen. Hier ein Beispiel:
Weitere Rankingfaktoren
Der Relevanzscore sollte im Ecommerce immer nur ein Teil des Rankings sein. Andere Faktoren wie Klickrate, Anzahl der Verkäufe, Marge, Verfügbarkeit, Retourenquote, Neuheit eines Produktes etc. beeinflussen idealerweise auch das Ranking. Es bringt aber nichts, jeden möglichen Faktor mit ins Ranking zu nehmen, da zu viele Faktoren sich gegenseitig neutralisieren. Man muss sich gezielt auf einige Werte beschränken. Diese Werte sollten mit den Unternehmenszielen und der Zielgruppe des Shops harmonieren.
Es kann sein, dass Suchanbieter wie beispielsweise Fredhopper die Relevanz-Scores normalisieren. Das heißt: Wenn es innerhalb des Suchergebnisses viele gleich relevante Produkte gibt, bietet es sich an, innerhalb der gleichen Relevanz nach den Businesswerten zu ranken. Um beim oberen Beispiel zu bleiben: Die ersten 15 Treffer sind alles rote Shirts von Nike. Aus Kundensicht sind diese alle gleich relevant. Die Suche gibt für alle den Score 350 zurück. Wenn diese nun einen normalisierten Score bekommen, kann innerhalb dieses Scores nach Verfügbarkeit und Verkäufen gerankt werden. Innerhalb der 15 passenden Treffer erscheinen die gut verfügbaren Topseller dann weiter oben.
Bei FACT-Finder fließen solche Werte als Abwertung in die Ähnlichkeit mit ein. Hier ist es aufgrund der vielen Faktoren des FACT-Algorithmus eher unwahrscheinlich, dass mehrere Artikel exakt dieselbe Ähnlichkeit bekommen. Daher macht ein zweistufiges Ranking keinen Sinn. Das heißt, man konfiguriert bei FACT-Finder zum Beispiel eine maximale Abwertung von 2% bei null Verkäufen und keine Abwertung ab 100 verkauften Artikeln. Ein Artikel mit 100 Verkäufen bekommt somit keine Abwertung; ein Artikel, der bisher nicht verkauft wurde, hat eine Abwertung von 2% und dazwischen wird linear skaliert.
Kampagnen
So gut wie alle kommerziellen Suchanbieter bieten eine Kampagnenfunktionalität. Im Umfang unterscheiden diese sich jedoch stark. Fredhopper und FACT-Finder bieten hier beispielsweise sehr viele Möglichkeiten. Kampagnen können an verschiedene Bedingungen geknüpft werden oder zeitgesteuert laufen. Folgende Funktionalitäten werden im Bereich Suche allgemein als Kampagnen bezeichnet:
Weiterleitungen
Für bestimmte Suchbegriffe wird direkt auf eine URL geleitet. Das kann eine Landingpage, eine Serviceseite, der Kundenlogin etc. sein. Manche Suchlösungen, wie zum Beispiel FACT-Finder und SEMKNOX, bieten hier Bedingungen an wie „Suchanfrage enthält ‚Versand'“, so dass nicht jeder Begriff einzeln hinterlegt werden muss. Bei SEMKNOX kann man sogar reguläre Ausdrücke verwenden um Kampagnen auszulösen.
Weiterleitungen sollten regelmäßig automatisiert geprüft werden, da es sein kann, dass die Linkziele nicht mehr aktuell sind. Weiterleitungen können auch eingesetzt werden, wenn es unmöglich ist, ein bestimmtes Suchergebnis zu optimieren oder die After Search Navigation nicht ideal ist – also die verfügbaren Filter auf der Suchergebnisseite nicht ausreichen. Dann können dem Kunden auf einer Landingpage manuell erstellte Filter, Unterkategorien oder Produktberater angeboten werden.
Artikel pushen
Artikel können global im gesamten Shop oder nur für bestimmte Suchergebnisse nach oben gepusht werden. Bei Fredhopper lässt sich sogar eine genaue Position innerhalb des Suchergebnisses angeben. Ein Beispiel: Ab neunter Position des Suchergebnisses immer vier Adidas Artikel platzieren. Das entspricht dann im Shop der dritten Zeile bei vier Artikeln pro Zeile (Darstellung der Suchergebnisse als Gitter).
Kategorien pushen
Ganze Kategorien können global oder für bestimmte Suchergebnisse nach oben verschoben werden. Die meisten Suchlösungen können auch andere Filterausprägungen verarbeiten. Zum Beispiel: alle Produkte in „blau“ oder Produkte mit der Eigenschaft „wasserfest“ nach oben pushen.
Suchergebnisse gezielt umsortieren
Fredhopper bietet beispielsweise auch die Möglichkeit, Suchergebnisse ganz gezielt nach verschiedenen Kriterien umzusortieren. FACT-Finder kann das über eine Suchergebniskampagne auch ähnlich abbilden.
Suchergebnisse filtern
Um Suchergebnisse zu optimieren, ist es oft nötig ganze Kategorien auszuschließen oder umgekehrt nur ausgewählte Kategorien oder Ausprägungen anzuzeigen. Im Gegensatz zur Umsortierung oder dem Pushen einzelner Artikel, verschwinden die Produkte hier aus dem Suchergebnis. Erfahrungsgemäß ist das ein Feature, das oft für die Optimierung von Suchergebnissen nötig ist, und daher von allen Suchanbietern angeboten werden sollte (was aber leider nicht der Fall ist).
Banner ausspielen
Mit Hilfe von Bannern ist es möglich, oberhalb des Suchergebnisses Zusatzinformationen oder Angebote bzw. Aktionen darzustellen. Das kann genutzt werden, um den User zu inspirieren oder ihn auf Sonderangebote passend zum Suchbegriff aufmerksam zu machen. So will man vielleicht eine Versicherung zum Smartphone mitverkaufen oder auf einen Themenshop hinweisen. Banner werden auch eingesetzt, um dem User bei doppeldeutigen Suchbegriffen die Wahl zu lassen. Die Suche nach „Braun“ kann beispielsweise die Treffer der Farbe ausspielen, das Banner weißt jedoch auf den Markenshop des Herstellers „Braun“ hin. Wird nun häufiger mit dem Banner als mit dem Suchergebnis interagiert, sollte man darüber nachdenken, stattdessen die Elektrogeräte von „Braun“ als Suchergebnis auszuspielen. Manche Marken fordern auch ein Banner oder einen Markenshop, damit man sie im Onlineshop anbieten darf.
Kaufberater
Einige Suchlösungen bieten auch die Möglichkeit, Beraterkampagnen einzurichten. Sucht ein Kunde nach einem generischen Begriff wie „Hose“, kann man ihm dann oberhalb des Suchergebnisses einen Produktberater anbieten. Der Kunde hat die Möglichkeit, sich durch ein paar kurze Fragen oder Icons zu klicken, um die Treffermenge schnellstmöglich einzugrenzen. Im Prinzip sind das ausformulierte Fragen, die der Kunde beantwortet, womit im Hintergrund die Suche Filter setzt. Streng genommen handelt es sich hierbei um eine Sonderform der After Search Navigation.
Weitere Kampagnen:
FACT-Finder, Fredhopper, SLI, SEMKNOX und auch andere Suchlösungen bieten insgesamt so viele Möglichkeiten, Kampagnen und Auslöser zu kombinieren, dass hier nicht genügend Platz ist, alle aufzulisten. Grundsätzlich ist eine Kampagne auch nicht auf die Suchergebnisseite beschränkt. Man kann Kampagnen auch nutzen, um auf der Artikeldetailseite Recommendations oder andere Elemente anzuzeigen, Produktlisten zu bestücken oder je nach Suchbegriff oder angezeigtem Artikel unterschiedliche Rankings auszuspielen.
Facettierung (After Search Navigation)
Grundlage für die After Search Navigation („ASN“) ist die Facettierung (Stichwörter „faceting“ oder auch „faceted search“). Aus den Facetten ergeben sich die Filter auf der Suchergebnisseite. Ein Beispiel: Die Suche nach T-Shirt ergibt 500 Treffer. Bei so einer Treffermenge ist es naheliegend, dass der User seine Treffer einschränken möchte. Die Suche gibt daher zum Suchergebnis Facetten zurück, die aus den Produktdaten bestehen. So sind die 500 T-Shirts von verschiedenen Marken, in unterschiedlichen Farben, Größen, Trendthemen und für Damen und Herren erhältlich. Die Suche spielt nun die entsprechenden Facetten inklusive der Anzahl der Produkte aus dem Suchergebnis mit einer der Ausprägungen zurück. Also beispielsweise für das Suchergebnis „Ihre Suche nach ‚T-Shirt‘ ergab 500 Treffer“:
Schon bei diesem einfachen Beispiel wird die Komplexität deutlich: Es gibt Facetten, die hierarchisch als Filter angezeigt werden sollen wie etwa „Kategorie“. Es gibt Artikel, die über mehrere Ausprägungen einer Facette wie etwa die „Größe“ verfügen. Darüber hinaus ist ein Suchergebnis selten zu 100% homogen. Daher bieten die meisten Suchanbieter an, die Filter erst ab einem Mindestanteil von Artikeln (beispielsweise 5%) oder von einer Mindestanzahl von Artikeln (beispielsweise ab zwei Artikeln in der Facette) anzuzeigen.
Bei der Suche nach Adidas werden neben Bekleidung auch Schuhe, Uhren etc. enthalten sein. Hier sollten erstmal nur die relevantesten Filter angezeigt werden. Attribute wie „wasserfest“ (Uhren) oder „Laufsohle“ (Schuhe) sind erst bei dem jeweiligen Sortiment interessant. Die Suche nach „nike shirt rot“ sollte im Idealfall nur aus roten Nike Shirts bestehen. Da macht es keinen Sinn, die Filter „Farbe“, „Marke“ und „Kategorie“ anzuzeigen. Hier interessiert sich der Nutzer eher für die Zielgruppe, Größe und Material und gegebenenfalls für spezielle Facetten wie „Sportart“ oder Ähnliches.
Eine Facette kann aus einem festen Datenfeld oder aus einem Multi-Attributsfeld generiert werden. Es können zum Beispiel auch Abhängigkeiten definiert werden. Zwei Beispiele: „Zeige Unterkategorie erst nach Auswahl der Oberkategorie an“; „Zeige Akkulaufzeit erst nach Auswahl der Kategorie Elektrogeräte an“ etc.
Wichtig bei der Facettierung ist eine möglichst vollständige Normalisierung der Ausprägungen seitens der Produktdaten. Beispiele hierfür sind Farbkacheln oder Größenangaben. Die Größenangaben US, EUR etc. sollten jeweils beide am Produkt hängen und im Größenfilter entweder getrennt (zwei Facetten-Filter „US-Größe“ und „EUR-Größe“ mit jeweiligen Ausprägungen „L“ und „44“) oder vereinheitlicht sein (ein Größenfilter mit Ausprägung „L / 44“). Das mag banal klingen, stellt aber eine große Herausforderung dar!
Wir weisen darauf hin, dass die Beispiele zum Funktionsumfang einzelner Suchanbieter keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Das heißt, auch andere Suchanbieter stellen mitunter gleiche oder ähnliche Funktionen bereit. Ein genaueres Porträt dieser Funktionen hätte aber den Umfang dieser Blogserie gesprengt. Über Hinweise auf interessante Funktionen anderer Anbieter freuen wir uns in den Kommentaren.